Der
Förderverein Berliner Historische Mitte e.V. strebt
die Wiederbelebung des Berliner Stadtkerns zwischen Marienkirche und
Rotem Rathaus, Spree und Stadtbahn an. Dieser
älteste Teil Berlins, der vor dem zweiten Weltkrieg
über acht Jahrhunderte dicht bebaut war, wurde durch
die Bombardierungen 1943-45 in seiner Substanz schwer
beschädigt. Mit der Enteignung des Privateigentums an Grund
und Boden wurden in den 60-ger Jahren vom Ost-Berliner
Magistrat zahlreiche nur kriegsbeschädigte
Gebäude, die noch bewohnt wurden, abgerissen und die
gewachsene stadt-kulturelle Identität einer vorgeblich
untergegangenen Epoche beseitigt. Das Netz der Straßen und
Plätze wurde vorsätzlich
ausgelöscht, die Namen bedeutender
Straßen verschwanden; nichts sollte mehr an die
Altstadt Berlins erinnern.
Stattdessen
schuf man nun ein Ensemble namens Staatsachse,
1969 geplant und erbaut von dem Chefarchitekten des Ost-Berliner
Magistrats,
Hermann Henselmann, der mit diesem von einem 365 hohen Fernsehturm
gekrönten Herzstück des General-Bebauungsplans
für die Hauptstadt der DDR der Staatsmitte „Symbolkraft
verleihen“ wollte.
Die städtebaulichen Großmachtphantasie der
DDR wurde
1979 als Gesamtanlage unter Denkmalschutz gestellt und dabei blieb es
auch nach der Wende.
Im Mai
1999
beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus das sogenannte "Planwerk Innenstadt"
als städtebauliches Leitbild; dieses orientiert sich
– zunächst im hinter dem Roten Rathaus gelegenen
Klosterviertel - bereits am historischen
Vorkriegs-Straßengrundriss. Im beschreibenden Text
heißt es u.a.: Das
Planwerk erfindet die Stadt nicht neu, sondern entdeckt
verschüttete Lebensadern der Berliner Innenstadt wieder. Der
in der europäischen Städtebautradition stehende,
notwendige Stadtumbau, der sich an der Gliederung der Stadt in
Straße, öffentlicher Park und Platz sowie
Blockbebauung orientiert, respektiert dabei den Bestand und kommt ohne
Abriss aus.
Allerdings
konnte man sich damals nicht dafür entscheiden, das Planwerk
auch als städtebauliche
Leitlinie für das Marienviertel und
Heiliggeistviertel zu übernehmen. Stattdessen hat man
hier bis heute grundsätzlich „die Erhaltung der
begrünten öffentlichen Freifläche
festgelegt, als Ausgleich für die systematische
Nachverdichtung der umliegenden Stadtquartiere am Alexanderplatz, am
Molkenmarkt und auf der Spreeinsel sowie am Hackeschen Markt“.
Eine seltsame Begründung, denn an all die genannten Orte waren
auch vor dem Krieg dicht bebaut.
Nach Meinung des Vereins Berliner
Historischen Mitte e.V.
ist jedoch eine möglichst parzellengenaue Wiederbebauung des
konturlosen Areals unter Zugrundelegung des historischen
Straßengrundrisses zwingend erforderlich, denn die
große namenlose Fläche zwischen Kirche und
Rathaus ist
alles andere als urban zu nennen. Städtisches
Leben wäre hier nur
zurückzugewinnen, wenn man dieses „Loch im
Zentrum“ nach einer ausführlichen
öffentlichen Diskussion wieder bebaute - freilich unter
Zugrundelegung des historischen
Vorkriegs-Stadtgrundrisses; mit
traditioneller und vielfältiger Architektur, mit
Mischnutzungen
von Wohnen und Kleingewerbe, mit Sichtachsen, attraktiver Gastronomie
und im inneren Bereich ohne Autos.
Mit
einem
Beschluss des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 19.05.2009 wurde nun
wenigstens entschieden, dass begleitend zum Bebauungsplanverfahren
für das Humboldt-Forum auch stadtentwicklungspolitische
Grundsätze für das "Rathausforum"
formuliert werden
sollen. Die
CDU hat dies zumindest schon getan (Siehe weiter unten das CDU
Positionspapier). Die
Senatsbauverwaltung steuerte zur Diskussion
damals ihre „Visionen 2009“ bei,
von denen eine
vorsah, das gesamte Areal zu fluten und in einen gigantischen See zu
verwandeln.
Wie
auch immer die städtebauliche Zukunft der
historischen Mitte in den nächsten Jahren aussehen
wird. Bevor hier irgend jemand etwas plant und baut, sollte er
sich
zunächst einmal mit der über 900-jährigen
Geschichte des Ortes auseinandersetzen. Eine Voraussetzung
hierfür wäre unserer Meinung nach die Aufhebung des
Denkmalschutzes für die
Freiflächen des Fernsehturms, die sich – 6 HA
groß – zwischen Marienkirche Neptunbrunnen und
Rathaus bis zur Spandauer Straße erstrecken und bis dato
immer noch unter DDR-Denkmalschutz stehen. Selbst bei der für
den Sommer geplanten und aus EU-Mitteln finanzierten Umfeldverbesserung
für die Marienkirche muß auf die einseitigen
DDR-Pflasterungen und Ornamente Rücksicht genommen werden auf
einen Restteil der ehemaligen „Staatsachse“ eines
Staates, den es seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr gibt.
|