Petriplatz
|
Bild: Eduard Gaertner:
Brüderstraße (Spreeinsel, Berlin-Mitte, im Hintergrund die
Petrikirche) |
Jury
Prof. Hans Kollhoff, Vors.
Prof. Johannes Geisenhof
Regula Lüscher
Prof. Silvia Malcovati
Prof. Fritz Neumeyer
Dr. Alexander Pellnitz
Prof. Jórunn Ragnarsdóttir
Stephan Schütz
1.
Preis
Kuehn Malvezzi
Berlin
2. Preis
Riepl Riepl
Linz
3. Preis
Wandel Hoefer Lorch
Saarbrücken
4. Preis
Schultes Frank
Berlin |
Welche Bedeutung hat der
Wettbewerb für den Berliner Petriplatz?
Der
Petriplatz vereint die Gegensätze der
zeitgenössischen Stadt: dichte archäologische Spuren
sowie historische Bauwerke stehen im Spannungsverhältnis zu
den weiten Stadträumen der heutigen Verkehrsinfrastruktur.
Durch den Wettbewerb kann diese Gegend ein Ort werden, das
heißt eine Folge präzise gefasster
Stadträume unterschiedlicher Maßstäbe, in
denen die zeitgenössische Stadt in ihren
Widersprüchen positiv Ausdruck findet. Dafür ist
Architektur erforderlich, die den Stadtraum neu strukturiert und auch
dominiert. Es geht darum, an diesem schnellen Ort eine unsentimentale
Langsamkeit zu schaffen. Architektur kann hier wieder zum Werkzeug des
Städtebaus werden.
Lageplan
Wie
kamen Sie zum vorgeschlagenen Baukörper?
Im Wettbewerb gefordert war ein Baukörper, der
gegenüber der Umgebung fremd ist. Diese programmatische
Unangepasstheit ist zentral für unseren Entwurf. Sie
drückt sich darin aus, dass das Gebäude in Typologie,
Höhe und Oberflächenbeschaffenheit anders ist als die
Umgebung. Der Baukörper ist eine
großflächige Bauskulptur, in der die wenigen
Öffnungen spezifisch ablesbar sind, während die
großen geschlossenen Ziegelflächen Distanz schaffen.
Das Innere und das Äußere, Raumform und
Körperform, stehen in Spannung zueinander. Im Schnitt
drückt sich dies in der skulpturalen Kraft der Wände
aus. Die drei Sakralräume drücken sich
außen kaum in ihrer Individualität aus; stattdessen
artikulieren sie sich im Innern in ihrer jeweiligen Besonderheit. Den
Baukörper dominiert der zentrale Kuppelsaal, ein
öffentlicher Innenraum zwischen den Sakralräumen, der
das Ziegelthema der Fassade fortsetzt. Er ist der programmatische
Lehrraum, der sich architektonisch im Turm abzeichnet.
Ansicht von der
Brüderstraße |
Ansicht der Petrikirche von der
Brüderstr.um 1800 |
Können
Sie uns durch das Bet- und Lehrhaus Petriplatz führen, als ob
es schon fertiggestellt wäre?
Das Bet- und Lehrhaus ist eine Folge von Orten. Sie liegen im Stadtraum
und im Innenraum wie Stationen eines Weges. Jeder Ort erfüllt
eine eigene Bestimmung, zusammen bilden die Orte ein vitales Ensemble
von Situationen.
Petriplatz -Nördlich des Bethauses spannt sich ein angehobener
Freiraum auf, der mit großzügigen Freitreppen und
einer Rampe an den Straßenraum anschließt. Gefasst
durch die gegenüber liegende Fassade des ehemaligen Kaufhaus
Hertzog und flankiert vom alten Baumbestand vermittelt dieser Ort
zwischen dem Alltag des städtischen Raumes und der Ruhe des
Sakralbaus.
Arkade -Die Passage führt die städtebauliche
Arkadierung entlang der Gertraudenstraße als
öffentlichen Raum fort. Als skulpierter Raum gehört
die Arkade zugleich der Folge von Innenräumen des Bet- und
Lehrhauses an. Großflächige Wandöffnungen
verbinden den Raum der Arkade visuell mit dem Archäologischen
Feld der Petrikirche.
Archäologisches Feld -Im Untergeschoss des Bet- und Lehrhauses
birgt eine acht Meter hohe Halle die archäologischen Funde der
ehemaligen Petrikirchen. Ihre Umfassungswände gründen
auf den Grundmauern der neogotischen Kirche von 1853 und dienen dem
Schutz sowie der Sichtbarmachung der historischen Fragmente.
Empfangs- und Treppenzylinder -Eine großflächige
Öffnung der Ziegelwand markiert den Haupteingang am Kopf der
Brüderstraße. Durch die archäologische
Halle gelangt der Besucher in den zweigeschossigen, zylindrischen
Empfangsbereich, der von einer spiralförmigen Treppenanlage
umschlossen wird. Von hier aus schraubt sich der Besucher, die
archäologischen Ausgrabungen überblickend, in die
Höhe.
Welche Materialstrategie schlagen
Sie vor?
Sichtziegel und Tageslicht im Zusammenspiel sind das
Konstruktionsmaterial des Bet- und Lehrhauses. Fläche und
Öffnung, Grenze und Schwelle, Erdung und Transzendenz finden
in diesem Zusammenwirken Ausdruck. Eine Vielfalt von
lichtführenden Perforierungen im Ziegelmauerwerk
charakterisieren die verschiedenen Orte im Haus. Arkade, Kuppelsaal und
Stadtloggia verbinden sich durch das Thema der aufgelösten
Wand als Filter unterschiedlicher Intensität von
Öffentlichkeit. Im Gegensatz dazu wird jeder Sakralraum durch
eine eigene lichtgestaltende Ziegelperforierung charakterisiert: der
Innenraum nimmt Gestalt an, die Fassade erscheint spezifisch im
Stadtraum.
Ansichten von der
Gertraudenstraße
| |